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1 Jahr Homeoffice – Antworten auf eine Spurensuche

März 2021: Zu diesem Zeitpunkt waren laut einer repräsentativen Befragung des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) ca. 34 % der Arbeitnehmenden in Deutschland ausschließlich im Homeoffice beschäftigt. Ein Zustand, der für einige von ihnen bereits seit einem Jahr andauerte. Seit 365 Tagen keine Jours Fixes gemeinsam in großen Besprechungsräumen, kein Plausch in der Kaffeeküche, aber auch kein lästiges Pendeln und zumeist flexiblere Arbeitszeiten. Ein Szenario, das noch ca. 1,5 Jahre zuvor nur von den kühnsten Digitalisierungspionieren erträumt worden war, ist durch die Corona-Pandemie Wirklichkeit geworden.

Wir sind schon immer große Freund*innen des Perspektivwechsels gewesen und haben uns vor diesem Hintergrund gefragt: 1 Jahr Homeoffice, ist das vielleicht sogar ein Grund zum Feiern? Und weil wir gleichzeitig zu gerne direkt mit den Menschen arbeiten, wollten wir die Antwort auf diese Frage natürlich mit ihnen zusammen finden. Mit 136 Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Branchen und Unternehmen haben wir uns deshalb gemeinsam auf Spurensuche begeben. Besonders haben uns hierbei die wahrgenommenen Vor- und Nachteile, die erschwerenden und erleichternden Faktoren des Remote-Arbeitens und die Kommunikation mit den Kolleg*innen interessiert. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an alle, die an dieser virtuellen Suche und Selbstreflexion teilgenommen haben!

Zum Zeitpunkt unserer Online-Befragung im März 2021 arbeitete fast die Hälfte der Teilnehmenden bereits seit einem Jahr täglich im Homeoffice.

Arbeiten im Homeoffice: Fluch oder Segen?

Wir wollten von den Teilnehmenden wissen, welche Möglichkeiten und welche Herausforderungen sich für sie durch das Arbeiten im Homeoffice ergeben haben.
Für den Großteil der Befragten (86 %) stellten vor allem die wegfallenden Arbeitswege eine Arbeitserleichterung dar. Daneben werden die flexible Zeiteinteilung (66,9 %) und das höhere Maß an Selbstbestimmheit (41,9 %) als Vorteile des Remote-Arbeitens geschätzt. Zusammen mit den ebenfalls häufiger genannten Antworten arbeiten „mit weniger Störungen“, „in privater Atmosphäre“ sowie „in eigenen Räumlichkeiten“ wird eine Chance des Homeoffices klar erkennbar: Der Arbeitsalltag in den eigenen vier Wänden ist durch neu gewonnene Freiräume und eine selbstbestimmtere Arbeitsgestaltung geprägt, die für viele im Büro bisher in dieser Form anscheinend nicht möglich waren.

Was schätzen Sie an der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten?

Was finden Sie herausfordernd am Arbeiten im Homeoffice?

Was erleichtert und was erschwert das Arbeiten im Homeoffice?

„In die Badewanne in der Mittagspause“

Besonders die Räumlichkeiten und deren Ausstattung spielen für 32 % der Befragten eine zentrale Rolle für den Wohlfühlfaktor im Homeoffice. Ob Badewanne, professionelle Kaffeemaschine oder grüner Garten, plötzlich können die Annehmlichkeiten der eigenen vier Wände den Büroalltag verschönern. Besonders ein eigenes Arbeitszimmer, mit „echtem Schreibtisch“, der im besten Fall höhenverstellbar und mit Bildschirm ausgestattet ist, wurden häufig als Erleichterung wahrgenommen. So zeigte sich wiederum bei den erschwerenden Faktoren, dass bei fehlendem eigenen Arbeitsraum die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben für viele der Befragten stark verschwimmen und als belastend wahrgenommen werden. Die fehlende „Bürotür“, die man einfach zumachen könne, oder das Verhandeln mit weiteren Familienmitgliedern um die freien Arbeitsplätze zu Hause wurden dabei genannt. Für eine*n der Befragten musste beispielsweise das zweite Badezimmer als Heimarbeitsplatz umfunktioniert werden. Aus den Antworten geht hervor, dass die mangelnden Arbeitsräumlichkeiten die zum Teil als erschwerend genannte fehlende Struktur und Abgrenzung im Homeoffice verstärken. Dies wiederum führe bei einigen der Befragten zu wesentlich längeren Arbeitstagen, da der „natürliche Feierabend“ fehle, „eine totale Fokussierung auf die Arbeit“ stattfinde oder die „Verlockung, sehr, sehr lange zu arbeiten und immer mehr Ideen zu produzieren“ groß sei. Als ebenfalls erschwerend und zu einer starken Vermischung von Privat- und Arbeitsleben führend wurde die zusätzliche Betreuung der Kinder und der Wunsch nach „leiseren Kindern, zumindest ab und zu“ genannt.

Der Teufel steckt in der Struktur: flexible Zeiteinteilung vs. zu wenig Pausen

Neben Räumlichkeiten und Ausstattung spielt für viele der Befragten die Strukturierung des Alltags eine zum Teil erleichternde oder erschwerende Rolle. Als positiv wurde die flexible Gestaltung des Arbeitstages und das Arbeiten nach den eigenen Strukturen und Routinen genannt. Für einen Teil der Befragten stellten jedoch die fehlenden externen Strukturen und Vorgaben, die sonst im herkömmlichen Büroalltag herrschten, eine große Herausforderung im Homeoffice dar. Ob fehlende Disziplin oder das Gefühl der Unangebundenheit, beschrieben als „Überall- und nirgends-Gefühl“, erschwere für einige das Arbeiten oder löse sogar Gefühle von „faul und ineffizient sein“ aus. Besonders deutlich zeigte sich in den Antworten die Diskrepanz zwischen neu gelebter und mangelnder Selbstfürsorge der Befragten im Homeoffice. Die neue Chance einer wesentlich flexibleren Arbeitsgestaltung birgt die Gefahr fehlender Abgrenzung von Arbeits- und Privatleben.

Fehlende Arbeitswege – fehlende Kommunikation

Für 25 % der Befragten ist vor allem der fehlende Präsenz-Kontakt zu den Kolleg*innen ein erschwerender Faktor im Homeoffice. Besonders die informellen Gespräche, der Flurfunk, werden von einigen vermisst. „Mir fehlen die Kolleg*innen. Physisch. Man vermisst die vertrauten Geräusche aus dem Gruppenarbeitsraum. Der Kollege, der sich schnell aufregt. Die Kollegin die einem mal schnell Bilder vom Wochenende zeigt. Sowas halt.“ Zwar erwähnen 6,6 % der Befragten, dass sie nun wesentlich konzentrierter und produktiver arbeiten könnten als im gemeinsamen Büro, dennoch empfinden 58,8 % der Teilnehmenden den Kontakt zu den Kolleg*innen im Homeoffice als schwerer.

Bei der Einschätzung des eigenen Kommunikationsverhaltens im Homeoffice wird sichtbar, dass dieses im Vergleich zum Verhalten der Kolleg*innen als etwas besser eingeschätzt wird. Einige Befragten bemängelten hier vor allem die Unflexibilität mancher Vorgesetzter und Kolleg*innen, sich auf eine veränderte Form der Kommunikation sowie neue Situationen einzustellen.

Wenn Sie sich nun als Kommunikationssender betrachten: Wie empfinden Sie Ihre aktuelle Kommunikation gegenüber Kolleg*innen im Homeoffice?

Wenn Sie Ihre Kolleg*innen als Kommunikationssender betrachten: Wie empfinden Sie deren aktuelle Kommunikation gegenüber Ihnen und anderen Kolleg*innen aus dem Homeoffice?


Wünsch dir was!

Wir haben die Teilnehmenden nach Verbesserungswünschen für ihre Arbeit im Homeoffice gefragt. Dabei wurde vor allem der Wunsch nach vermehrter und persönlicherer Kommunikation im Team genannt. Ob gemeinsamer Start mit spielerischem Warm-up am Morgen, neue Formate zum lockeren Austausch untereinander ohne „weitere Verpflichtungen im x-ten Video-Call“, „ein Care-Paket von denen da oben“ oder einfach nur, dass alle im Meeting die Kamera anmachen, waren Vorschläge für mehr „Wir-Gefühl“ im Homeoffice. Des Weiteren wurden meetingfreie Tage und feste Erreichbarkeiten als Idee genannt. Dies ermöglicht gleichermaßen Flexibilität und Struktur im Homeoffice.

 

Homeoffice als neues und weites Lernfeld

Nach der Frage, welche neuen Fähigkeiten die Befragten durch die Arbeit im Homeoffice oder allgemein durch die aktuelle Situation hinzugewonnen haben, zeigt sich ein Lernfeld zwischen Flexibilität und Termintreue sowie Effizienz und Gelassenheit. Auch neue digitale Kompetenzen wie neue Software-Kenntnisse, Online-Meetings lebendig leiten oder aber auch das „Arbeiten im Schlafanzug“ wurden erworben.

 

„1 Jahr Homeoffice – ein Grund zum Feiern?“

Die wertvollen und vielfältigen Antworten auf unserer Spurensuche haben unsere anfängliche, ungewöhnliche Frage „1 Jahr Homeoffice – ein Grund zum Feiern?“ zwar nicht vollständig beantwortet, aber doch gezeigt, wie unterschiedlich die Situation von den Befragten wahrgenommen und empfunden wird. Für einige, die endlich ihren Arbeitsalltag nach ihren Bedürfnissen gestalten können, durchaus ein Grund zum Feiern, für andere erschwerte Arbeitsbedingungen in einer isolierten und unstrukturierten Arbeitsumgebung.

Es bleibt weiterhin spannend, wie sich die Arbeitssituation entwickeln wird und wie hybride Arbeitsmodelle entstehen, die die alte und neue Arbeitswelt vereinen. Vor allem Arbeitsmodelle, die die Menschen neben Strategie und Operativem weiterhin auf persönliche und emotionale Art zusammenbringen. Gerne unterstützen wir Sie und Ihr Team dabei mit unseren Methoden und Formaten, die Austausch und Wir-Gefühl in virtuellen und physischen Räumen schaffen können.

Wir freuen uns auf Sie!

 

Ihre Julia Hisserich

 

 

 

 

 

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