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Camera Acting

Abgefilmtes Improtheater? NIEMALS!

Improvisationstheater vor der Kamera? Funktioniert das?

5 Tage Camera Boot Camp – ein Erfahrungsbericht von Juliane Behneke

Camera Boot Camp! Vor einigen Wochen haben wir uns Hendrik Martz, seines Zeichens Schauspieler und versierter Coach im Bereich Camera Acting und Vermittlung der Schauspieltechnik von Sanford Meisner, in die Proberäume der Steifen Brise geladen: Camera Acting stand auf dem Programm, das er mit Schwerpunkt Comedy speziell für uns zusammengestellt hatte und durch das er uns an fünf Tagen mit Liebe und leichter Gewalt geführt hat – natürlich alles Corona-konform.

 

Arbeit vor der Kamera: Präzision und Wiederholbarkeit

Ich bringe als Schauspielerin schon ein paar Jahre Erfahrung vor der Kamera mit, aber ehrlich gesagt habe ich Improvisationstheater und Kameraarbeit bisher immer säuberlich getrennt. Bei jedem Dreh wurde von mir bisher Präzision erwartet, Wiederholbarkeit des Spiels und der Emotionen, immer genau mit dem gleichen Satz auf genau der gleichen Position zu landen. Möglichst keine Überraschungen. Improvisation ist das exakte Gegenteil, jede Show findet genau nur einmal so statt und wird es danach nie wieder so geben – das ist auf der Bühne stets unser Versprechen. Unsere Fehler und unser Scheitern sind dabei unser Kapital. Durch die aktuelle und umfassende „Blitz-Digitalisierung“ rücken allerdings das Spielen vor der Kamera und Improvisationstheater im Rahmen von Online-Events unweigerlich zusammen.

Kann Improvisationstheater vor der Kamera funktionieren?

Der Kamera-Profi Henrik Martz ist davon überzeugt, und im Laufe der fünf Tage legten auch wir Spieler*innen die Angst ab, „zu viel“, „zu groß“, „zu albern“, „zu falsch“ vor der Kamera zu sein. Er hatte uns ein Sandwich an Wissen bereitgestellt, durch das wir uns hindurchfutterten:  Wir arbeiteten mit der Meisner-Technik, den „Eight Characters of Comedy“ von Scott Sedita und der Chubbuck-Technik. An Tag drei rauchten unsere Köpfe, aber unser Spiel wurde plötzlich besser und freier. Dazu kam ein großer Aufbau von insgesamt vier Kameras, Licht und Ton. Unsere Probebühne war zum Studio geworden – sehr agil von ihr!

Meine Partner*in, mein Charakter, mein Ziel – und wo ist die Markierung?!

Ich wusste schon vorher, dass die Kamera wenig verzeiht und Lügen schnell entlarvt. Umso toller war es zu sehen, dass improvisiertes Spiel vor der Kamera absolut funktioniert und auch nicht zu groß oder zu albern ist – aber eben nur, wenn wir zu 100 Prozent an die Figur glauben, sie ernst nehmen und in ihr leben, ihr Leben geben. Und sei es nur für einen 30-Sekunden-Sketch!

Hilfreich ist es dabei, sich nicht (wie so oft) in die Energie des Partners hineinziehen zu lassen, sondern ihr vielleicht eine gegenteilige Energie entgegenzusetzen – spielt meine Partnerin eine neurotische Figur, setze ich ihr vielleicht eine dümmliche, fröhliche Figur entgegen, damit in unserer Beziehung eine Reibung entsteht. Die Beziehung, und wohin sie geht, ist oft interessanter anzuschauen als die Story, die rundherum entsteht.

 

Am Ende hatten wir alle die motivierende Erkenntnis: Improvisation und Kamera – das funktioniert! Mit viel Arbeit, viel Technik und großem Einsatz können Online-Shows entstehen, die berühren, unterhalten, zum Lachen und Nachdenken bringen. Das können wir – auf der Bühne und nun auch vor der Kamera.

Ihre Juliane Behneke

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